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2013-10-23 09:50 (Kommentare: 1)
Beim Anflug auf Kairo bei Nacht hat die Mega-Metropole am Nil eine besonders magische Ausstrahlung. Von oben bei Nacht sieht man den vielen Dreck und Staub nicht, hört man kein Hupen und Geschrei, sondern sieht nur tausende von Lichtern. Im Zentrum der Stadt blinken sie in einem wilden Durcheinander, dem Gewusel der Straßen und Gassen in der Altstadt, dem organisch gewachsenen Teil der Stadt. Weiter draußen, an den Rändern der Stadt, die stetig wachsen wie die Arme einer Krake, verlaufen die Lichter in Reih und Glied, bedächtig gesetzt in den am Reißbrett erschaffenen Satellitenstädten. Wenn das Flugzeug über Kairo fliegt, versuche ich an den Farben und Anordnungen der Lichter, dem Verlauf des Nils und den prägnanten Gebäuden der Stadt zu erkennen, wo wir gerade sind. Das Zentrum lässt sich leicht ausmachen, die Halbinsel Zamalek, auf der ich lebe, der Tahrir-Platz am östlichen Nilufer und die bekanntesten Hotels der Stadt, deren Türme in den Himmel ragen. Wenn ich den Nil erkenne, der sich schwarz durch das Lichtermeer schlängelt, und das Herz der Stadt erblicke, in dem ich wohne, durchflutet mich jedes Mal ein Glücksgefühl. Ich hatte es schon bei meinem ersten Landeanflug auf Kairo, als ich nach dem Abitur nach Kairo aufbrach, in eine Stadt, die ich damals noch nicht kannte. Der Nil und die Lichter der Stadt strahlen eine Magie aus, die mich immer wieder überwältigt und in den Bann zieht. In Ägypten gibt es ein Sprichwort, das bisher noch immer zugetroffen hat: „Wer einmal vom Wasser des Nils getrunken hat, wird immer wiederkehren.“ Fluch und Segen liegen oft so nah beieinander. Überhaupt sind die Ägypter ein abergläubisches Volk, das Magie sehr ernst nimmt. Neulich war ich in ein Zentrum namens CultNat eingeladen, dass sich ausschließlich mit der Dokumentation des kulturellen- und Naturerbes Ägyptens beschäftigt. Der Leiter, ein Wissenschaftler, zeigte dem Publikum begeistert Filme aus den ersten 18 Tagen der Revolution 2011, als auf dem Tahrir-Platz Teufelsaustreibungen inszeniert wurden. Der sogenannte „Zar“ wird traditionell von Frauen praktiziert, die rhythmisch tanzend und singend den Dschinn aus dem Körper des Patienten treiben wollen. Auf dem Tahrir-Platz wurden die Zeremonien nachgestellt, um symbolisch Mubarak zu vertreiben. Die Vertreibung hat ja bekanntlich funktioniert, die Ägypter werden also auch weiterhin an den Dschinn, den Zar und andere Magie glauben und damit den Zauber, der die Stadt ausmacht, noch ein wenig erhalten. Ein Glück.
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Kommentar von sAMER | 2015-03-24
Hi,
nach 17 Jahr Deutschland, kann ich dies nur beschtätigen. ich liebe Kairo nachts, und am Nil spazieren.
lg
Samer