Blog

Meinem Blog können Sie ab sofort unter www.cairoscope.net folgen.

Vom Leben auf der Baustelle

2012-10-31 12:55 (Kommentare: 0)

Sand und Feinstaub in der Wohnung sind unschön. Vor allem, wenn man in Kairo lebt und dem Dreck nicht Herr wird. Denn Fenster und Türen sind grundsätzlich schlecht bis gar nicht versiegelt. In alten Wohnungen, die ich aus ästhetischen Gründen wegen der hohen Decken und den großen Räumen bevorzuge, kommt es auch schon mal vor, dass ein Fenster zwischen Scheibe und Rahmen einen guten Zentimeter Luft hat. Da kommt dann nicht nur Licht durch. Meine bisherige Wohnung liegt zudem direkt an einer der Hauptachsen der Stadt, der Verkehr ist nicht nur laut sondern die Feinstaubbelastung dort auch dementsprechend hoch. Putze ich einen Tisch ist er am nächsten Tag wieder mit einer feinen Schicht Staub belegt.Noch toller ist es, wenn man ein paar Wochen nicht im Land ist und bei der Rückkehr die Tür zum Balkon öffnet. Dann bekommt man, ganz ohne dort zu sein, ein richtiges Wüstengefühl.

Nach der Revolution nun nutzten viele die rechtlose Lage, um schnell und unbürokratisch ein Café zu eröffnen. Wie Pilze sind sie in den vergangenen zwei Jahren aus dem Boden geschossen. Drei von ihnen liegen im Umkreis von 50 Metern um mein Wohnhaus herum. Ein neues entsteht gerade noch im Nebenhaus. Ich habe also in den vergangenen Monaten auf einer permanenten Baustelle gelebt. Denn natürlich wurde auch nachts gearbeitet, schließlich sind die meisten Cafés illegal entstanden und nachts, wenn vor allem die Polizei schläft, wurde dann schnell mal die Straße aufgerissen, ein Abflussrohr gelegt und am Morgen war alles wieder gut.

Nur meinen Nerven hat das Ganze nicht gut getan. Hinzu kommt, dass all diese Cafés natürlich ihrem meist jungem Publikum auch Wasserpfeife anbieten. Die blubbern dann bis spät in die Nacht vor meinem Haus. Wäre kein Problem, wenn da nicht die Kohle wäre, die man für so eine Pfeife braucht. Die wird in einem großen Blechbehälter kontinuierlich angefacht, um den Kunden immer heiße Kohle nachfüllen zu können. Der Kohlenrauch steigt nun schon seit Monaten durch mein Haus.

Jetzt ziehe ich endlich in eine helle, ruhige Wohnung um, bei der statt Cafés große Mangobäume vor dem Balkon stehen. Beim Schreiben mit Blick ins grüne Blätterwerk beruhigen sich meine Nerven nun jeden Tag ein bisschen mehr. Hupende Autos höre ich nur noch ganz entfernt, stattdessen lausche ich den musizierenden Kindern in der benachbarten Musikschule, die dort Geige- und Klavierspielen üben.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Archiv der Blogeinträge

2013-05-08 08:15 Geigenübungen am Morgen
2013-02-27 16:11 Regen in Kairo
2013-01-16 07:40 Verwöhnprogramm a lá Kairo
2012-10-31 18:56 Wundersame Alltagsszenen
2012-10-31 12:55 Vom Leben auf der Baustelle
2012-07-11 12:45 Ein ägyptisches Rätsel
2012-03-21 09:57 Reise in die Vergangenheit
2012-02-20 10:48 Jahresrückblick 2011
2011-11-01 12:31 Arab Shorts
2011-07-20 13:04 Kampf gegen die Hitze
2011-06-08 08:33 Im Taxi
2011-01-20 15:04 Warum lebe ich in Kairo?
2010-09-07 09:48 Ramadan mit Zeitumstellung
2009-12-04 13:08 Weihnachtsjammer
2009-11-29 13:11 Die Stille nach dem 1:0