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2010-02-24 13:44 (Kommentare: 0)
Kairo ist ein Moloch, der sich auf einer Fläche von über 5300 Quadratkilometern erstreckt. Eine riesige Stadt mit geschätzten 20 Millionen Einwohnern. Trotzdem fühlt man sich in Kairo oft wie in einem Dorf, weil alle Stadtviertel ihr ganz eigenes Leben haben und der Alltag meist in den immer gleichen Bahnen und auf bekannten Wegen stattfindet.
Doch genau das wollte ich jetzt ändern. Mit einer Kollegin und Freundin beschloss ich, einmal durch ganz Kairo zu laufen, vom südlichen Ende bis ans nördliche. Natürlich in mehreren Etappen. Bedingung ist, dass alles zu Fuß geschieht, was für einen Ägypter völlig unverständlich ist. Jeder Weg, jede Erledigung wird – solange es finanziell möglich ist – mit dem Auto, Taxi oder Bus erledigt. In vielen Fällen auch mit dem Eselskarren. Zu Fuß geht nur wer zu arm ist sich eine Fahrgelegenheit zu leisten.
Meine Freundin und ich werden also ein wenig irritiert angeschaut, wenn wir es vorziehen zu laufen, statt eines der an uns vorbeifahrenden, hupenden Taxis zu nehmen. Doch es ist nun mal so, dass man zu Fuß vieles entdeckt, was man mit dem Auto nie sehen würde. Wir laufen durch enge Gassen und Wohnviertel, in die wir im Normalfall nie einen Fuß setzen würden, zu abgelegen liegen sie von unseren alltäglichen Routen.
Auf unserer ersten Tour liefen wir vom Nobelviertel Maadi ganz im Süden der Stadt bis zum koptischen Viertel mit seinen alten Kirchen. Um dorthin zu gelangen führt der Weg durch eines der größten informellen Viertel der Stadt: Dar al-Salam. Hier liegt die alte Landschaftsstraße, die einst die einzige Verbindung zwischen Kairo und dem weit außerhalb liegenden Maadi war. Wer heute nach Maadi will, das längst ein Teil der großen Stadt geworden ist, fährt entlang der Corniche, der mehrspurigen Hauptstraße am Nil. Bis ich die dicht befahrene Landschaftsstraße entlanggelaufen bin war mir also noch nicht einmal bewusst gewesen, dass bis vor gar nicht langer Zeit aller Verkehr über diese enge Straße weiter westlich vom Nil lief.
Trotz der Hitze, die zurzeit mit über 30 Grad auf uns niederbrennt, finden meine Freundin und ich diese Erkundungstouren unglaublich spannend. Denn obwohl sie schon 20 Jahre in Kairo lebt entdecken wir beide an jeder Ecke Neues.
Das Schönste an diesen Märschen sind die Menschen, denen wir begegnen. Egal wie arm die Viertel sind, durch die wir laufen und wie offensichtlich wir dort Außenstehende sind, die Menschen begegnen uns mit freundlicher Neugierde und größter Hilfsbereitschaft. Überall werden wir willkommen geheißen, wir halten Schwätzchen mit alten Männern im Kaffeehaus, mit Frauen bei ihrem freitäglichen Hausputz und einem Arabischlehrer, der gerade vom Freitagsgebet kommt und uns spontan den Weg durch die verwinkelten Gassen seines Viertels zeigt.
Eines machen mir diese Spaziergänge ganz besonders klar: Kairo wird niemals langweilig werden.
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