Neulich hat es geregnet in Kairo. Richtig geregnet. Das passiert in diesem Land, das zu etwa 90 Prozent aus Wüste besteht, selten. Es gab in der Vergangenheit Jahre, da hat es gar nicht geregnet. Das waren traurige Jahre für mich, denn ich vermisse den Regen sehr. Wenn man in Deutschland lebt, versteht man das vielleicht nicht, aber wenn es nie regnet, dann vermisst man das Geräusch der Tropfen, die auf das Blätterwerk der Bäume prasseln. Wenn es in Kairo regnet ist das immer ein Ereignis. Die Ägypter haben Angst vor Regen, jedenfalls kann man das gemessen an ihren Reaktionen auf Wasser, das vom Himmel fällt, glauben. Am ersten Tag, wenn niemand mit dem Wunder gerechnet hat, sind die Straßen noch schlimmer verstopft als an normalen Tagen. Regnet es ein wenig stärker, bilden sich in kürzester Zeit riesige Pfützen in den Straßen. Das Abwassersystem funktioniert schlecht bis gar nicht, so dass sich manche Straßen auch schnell in Seen verwandeln. Die Autofahrer, die Regen nicht gewöhnt sind, reagieren panisch. Sie fahren im Schritttempo durch jede noch so kleine Pfütze, die großen paralysieren sie vollends. Die dadurch entstehenden Staus sind immens. Kommen wir in den Genuss eines weiteren Regentages, geschieht etwas, das ich besonders liebe: Wer kann, bleibt zu Hause und es kehrt etwas Ruhe in das hektische Kairo ein. Niemand geht freiwillig in das dreckige Nass. Denn natürlich ist der Ägypter in keiner Weise für solch ein Wetter ausgerüstet. Die große Mehrheit der Ägypter lebt an der Armutsgrenze, mehr als zwei paar Schuhe besitzen die meisten nicht. Deshalb tragen viele auch im Winter Sandalen. Gummistiefel sind das Letzte, woran ein Ägypter denken würde. Auch ich habe keine, hätte aber liebend gerne welche. Denn was gibt es Schöneres, als an einem Regentag mit Gummistiefeln in jede Pfütze treten zu können? Da es aber so selten in Ägypten regnet, hat mich der Verstand immer vor meinen kindlichen Gefühlen gewarnt und mir untersagt, Gummistiefel zu kaufen, die ich womöglich nie wirklich brauche. Doch dann kam dieses Jahr der Regen, und ich konnte an nichts anderes denken, als mit Gummistiefeln triumphierend durch die dreckigen Pfützen meines Viertels zu marschieren. Für meinen nächsten Deutschlandbesuch stehen sie nun ganz oben auf meiner Einkaufsliste. Auch wenn jetzt der Sommer in Ägypten beginnt und es womöglich monate-, vielleicht jahrelang nicht mehr so regnen wird wie in diesem Jahr. Egal. Aber ich werde vorbereitet sein, sollte der Wettergott durch Zufall den Himmel mal wieder über unseren Köpfen öffnen.