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2011-11-09 12:37 (Kommentare: 0)
Das große Fest in der muslimischen Welt – Eid el-Adha - ähnelt sehr dem deutschen Weihnachten. Es ist ein Fest, an dem die ganze Familie zusammenkommt, viel gegessen wird und die Kinder Geschenke bekommen. In diesem Jahr fiel das Fest auf den Wochenbeginn, wodurch mit einem Brückentag neun arbeitsfreie Tage an einem Stück anfielen.
An diesen großen Feiertagen fällt Kairo normalerweise in eine Art Schlummerzustand und nun frohlockte ich, dass nach Wochen des totalen Chaos auf den Straßen, nächtelangen Bauarbeiten in meinem Haus und dem Gefühl, dass Kairo dank Umweltverschmutzung, extremer Lärmbelästigung und Überbevölkerung demnächst kollabieren müsse, endlich Ruhe einkehren würde. Wenigstens für ein paar Tage.
Ich musste über die Feiertage einen langen Text zu Ende bringen und wartete sehnlichst auf etwas Frieden um mich herum. Der erste Tag war himmlisch, ich blieb zu Hause am Schreibtisch und genoss die relative Stille. Am nächsten Morgen wachte ich auf und war erstaunt wie ruhig es doch sein kann, wenn nur mal alle schlafen oder im Urlaub sind. Ich ging beschwingt in den Club, um eine Runde zu laufen und auf den Straßen war kaum ein Mensch zu sehen. Am Nachmittag des dritten Feiertages wurde ich übermütig. Die Straßen sind ja frei, dachte ich, da mache ich doch mal mit dem Auto einen Ausflug zu einer Freundin, die im Süden der Stadt wohnt. Da der Verkehr in den vergangenen Wochen immer schlimmer geworden ist und so eine Fahrt manchmal an die zwei Stunden dauert, komme ich sonst nicht spontan auf die Idee, Freunde zu besuchen, die nicht im gleichen Viertel leben und auch zu Fuß zu erreichen sind. Aber heute, dachte ich, ist alles anders.
Leider hatte ich die Rechnung nicht mit tausenden Ägyptern gemacht, die das schöne Wetter und die Feiertage am Nil genießen wollten. Auf der ersten Brücke stand ich schon im Stau, weil sich Menschenmassen über die Fahrbahn drängten, da auf dem Gehweg Popcorn-, Tee- und andere Verkäufer ihre Wägelchen und Stühle aufgestellt hatten. Junge, wilde Motorradfahrer brausten in alle Himmelsrichtungen die Straßen entlang, nur grundsätzlich nie in Fahrtrichtung und beschimpften mich wild, weil ich ihnen nicht genug Platz für ihre Fahrkünste ließ. Kurzum: Ich war schon nach eine Viertelstunde ziemlich genervt und erinnerte mich, warum ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr in Kairo Auto fahre. Ich rege mich über die Disziplinlosigkeit der Ägypter so auf, dass ich Angst habe, aus Versehen jemanden tätlich anzugreifen – und mit Auto endet so etwas ja oft tödlich. Also lasse ich lieber Leute fahren, die mehr Geduld besitzen als ich oder bleibe einfach in meinem Viertel, wo ich zumindest während der Festtage so tun kann, als sei Kairo doch ein ganz entspanntes Fleckchen Erde.
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