Die Ägypter sind die Meister unter den Verschwörungstheoretikern. Nichts ist vor ihnen sicher.

Neulich rief mich ein entfernter Verwandter an. Im ägyptischen Staatsfernsehen würde immer wieder eine falsche Ägyptenkarte gezeigt auf der mysteriöserweise der Golf von Aqaba gänzlich fehle und Ägypten direkt an Saudi Arabien grenze. Zum Beweis schickte er mir eine Mail mit einem Foto der Karte und der Bitte darüber zu berichten. Gäbe es erst einmal internationale Berichterstattung über diese ominöse Karte würde der Militärrat schon reagieren.Denn natürlich stecke hinter der Karte Kalkül, irgendetwas würde hinter den Kulissen vorbereitet und der Militärrat sei natürlich involviert, sonst würde das Staatsfernsehen solch eine Karte gar nicht zeigen können.

Tatsächlich fehlte auf dieser Karte der Golf von Aqaba, doch ich vermutete eher Inkompetenz oder banale Faulheit des Grafikers. Tatsächlich ist es höchst verwunderlich, dass auf einer Landkarte des eigenen Landes, gezeigt im Staatsfernsehen wohlgemerkt, gleich ein ganzes Meer fehlen kann. Offenbar entdeckte dann aber selbst dort jemand den Fehler und ersetzte die Karte gegen eine aus dem Atlas.

In den vergangenen Tagen war die Erde also auch im ägyptischen Staatsfernsehen wieder komplett. Wahrscheinlich hatte den Fehler deshalb so lange keiner bemerkt, weil das Staatsfernsehen in der vergangenen Woche mit einem noch ernsteren Problem zu tun hatte.

Irgendein Schlauberger hatte sich dort überlegt, dass man die ägyptische Bevölkerung, gerade jetzt vor der anstehenden Stichwahl zum Präsidentenamt, noch einmal eingehend vor der größten Plage der Menschheit warnen sollte: Dem Spion!

Denn vor nichts hat der gemeine Ägypter mehr Angst, um niemanden sonst ranken sich so viele Verschwörungstheorien. Vor allem wir Journalisten werden regelmäßig als solche enttarnt, wir stellen einfach zu viele Fragen. Daher warnte das Staatsfernsehen in einem TV-Clip jetzt eindringlich vor freundlichen Ausländern wie mir, die sich im Café mit an den Tisch setzen und viele Fragen stellen. „Wirklich?!“ heißt dieser Clip und wurde vor allem dank der sozialen Medien ziemlich schnell als das enttarnt was er ist: Panikmache.

In der arabischen Welt werden oft ausländische Kräfte für alles Übel im Land verantwortlich gemacht. Ägypten macht da keine Ausnahme und benutzt Ausländer als Sündenbock für so ziemlich alles. Doch das Staatsfernsehen hatte dieses Mal die Rechnung ohne die sozialen Netzwerke gemacht. Es entfaltete sich in kürzester Zeit solch eine Welle der Empörung, dass der Spot abgesetzt wurde. Der Grund: Der Spot könne missverständlich verstanden werden. Wirklich?!