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Ein ägyptisches Rätsel

2012-07-11 12:45 (Kommentare: 0)

Haben Sie sich schon einmal überlegt was Sie tun würden, wenn Ihnen ein Schuh verloren ginge? Und ich meine einen der zwei, die sie gerade tragen. Nein? Ich hatte, bevor ich nach Ägypten zog, auch nie darüber nachgedacht. Aber in Ägypten befasse ich mich mit der Frage seit Jahren intensiver. Der Grund: Hier findet man auf Schritt und Tritt verwaiste Schuhe. Sie liegen auf der Straße, auf Gehwegen und sogar in der Wüste herum. Immer nur einer. Wie kommt es also, dass die Besitzer den Verlust nicht merken?

Meine Theorie ist noch nicht ganz ausgegoren, weil ich den Akt des Schuhverlustes noch nie live beobachten konnte und immer nur den schon halb zerfallenen Schuh vorfand. Doch ich habe eine Idee. Das Gros der Ägypter bewegt sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Mopeds voran. Die Busse sind immer völlig überfüllt und halten meist nicht lange genug, um entspannt ein- oder auszusteigen. Stattdessen drosseln sie nur leicht das Tempo und die Gäste müssen meist einen sportlichen Sprint plus Sprung in die Tür hinlegen, um überhaupt mitzukommen. Ganz egal ob junger Spund oder ältere, übergewichtige Dame. Da viele Ägypter Sandalen tragen kann es bei dieser sportlichen Höchstleistung sicherlich hin und wieder passieren, dass ein Schuh verloren geht. Wenn man es einmal in den Bus geschafft hat und dieser wieder volle Fahrt aufgenommen hat bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als den verlorenen Schuh zurückzulassen und den Weg barfuss fortzusetzen. Gleiches gilt für diejenigen, die sich per Moped fortbewegen. Meist sind die Zweiräder heillos überladen. In Ägypten ist es eher die Norm als die Ausnahme, eine mehrköpfige Familie auf einem Moped zu sehen. Vater fährt, Mutter sitzt im Damensitz hinten drauf, auf ihrem Schoss und im Arm zwei, drei Kinder. Oft hat der Vater auch noch ein Kind auf dem Schoss.

Ich schwöre, ich übertreibe nicht, es ist die Wahrheit, auch wenn es sich abenteuerlich anhört. Ist es auch. Wenn ich dann im Stau hinter solch einem Gefährt stehe und sehe, wie die Schlappen der Dame munter im Takt des Motors wippen ist es kein Wunder, das hin und wieder im chaotischen Verkehr der Megametropole ein Schuh abfällt und verloren geht. Solange es nur ein Schuh ist und nicht das Neugeborene, das selig schlummernd über der Schulter der Mutter liegt soll es mir Recht sein. Hauptsache, sie lässt ihr Kind beim nächsten Tröten des Busses vor ihr nicht vor Schreck fallen.

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