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Das Dilemma eines nicht Bio-Deutschen

2012-05-02 14:01 (Kommentare: 0)

In meinem Pass steht zwar nicht, dass ich Kasselanerin bin aber schon, dass ich in Kassel geboren wurde. Man sollte also meinen, dass es bei meiner Einreise nach Deutschland an der Passkontrolle für mich – wie für alle Deutschen ohne Vorstrafenregister – relativ zügig gehen sollte. Weit gefehlt.

Meist passiert folgendes: Der Beamte nimmt meinen Pass und es dauert eine halbe Ewigkeit, bis ich ihn zurückbekomme. Warum? Wahrscheinlich, weil zwar mein Geburtsort, jedoch nicht mein Name Deutsch ist. Ein Freund hat mich mal darauf hingewiesen, dass ich keine Bio-Deutsche sei. Das hatte ich vorher so nie gesehen. Schließlich ist Deutschland meine Heimat. Ein Ägypter wird nie meine Leidenschaft für den Tatort, blühenden Flieder und Grüne Soße verstehen.

Aber natürlich bin ich ein kulturelles Mischgewächs. Ich fange unweigerlich an mit den Hüften zu kreisen, sobald ich arabische Musik höre und liebe den Klang der arabischen Sprache ebenso wie Geschichte, Kunst und Kultur dieser Region. Ich kann mich schrecklich über die Ägypter aufregen, fasse aber Kritik anderer an Ägypten als persönliche Kränkung auf. Wahrscheinlich kann das nur ein Mischgewächs vollkommen verstehen, diesen Widerspruch, das Glück und die Schwierigkeit zwei Kulturen in sich zu vereinen.

Normalerweise bekomme ich an der Passkontrolle keine Antwort wenn ich frage, ob es Probleme gäbe. Nur einmal hat mir ein freundlicher Beamter erklärt, dass es da noch eine Frau mit meinem Namen gäbe, und dass die Überprüfung dadurch etwas dauere. Netter Versuch, habe ich gedacht, aber dass ist so gut wie unmöglich.

Zum einen gibt es in Ägypten nur eine einzige Familie die meinen Nachnamen trägt. Zum anderen gibt es in dieser Familie keine andere mit meinem Vornamen. Und wenn doch ist es zumindest unmöglich, dass sie meine beiden zusätzlichen Vornamen tragen würde. Denn in Ägypten tragen auch Frauen die Vornamen ihrer Väter und Großväter als Mittelnamen. Ich nicht, und diese Tatsache hat mir wiederum in Ägypten schon des Öfteren Ärger eingehandelt. Denn dort kann man überhaupt nicht verstehen, wer diese beiden „anderen Frauen“ sein sollen.

Ich stehe also hier wie dort oft sehr lange an den Passkontrollen. In Ägypten verschwindet auch mal mein Pass für eine ganze Weile in einem Hinterzimmer, weil ich offenbar eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle. So hat es mir mal ein höherer Polizeibeamter erklärt. Weil ich statt zwei männlicher Mittelnamen zwei weibliche im Pass stehen habe. Es ist manchmal zum Verzweifeln, dieses Wandeln zwischen den Welten, aber nichts ist gleichzeitig so bereichernd.

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